
Dein Roman ist fast fertig. Du hast überarbeitet, Feedback eingeholt, umgeschrieben, gekürzt – und trotzdem bleibt da dieses leise Gefühl: Da geht noch was. Genau hier setzt der letzte Feinschliff an.
Bevor du dein Manuskript ins Lektorat gibst, lohnt sich ein abschließender Durchgang. Nicht, um alles perfekt zu machen – sondern, um deinem Text Struktur, Klarheit und Tiefe zu geben. Und dir das gute Gefühl, ihn wirklich loslassen zu können.
In diesem Beitrag bekommst du zehn konkrete Schritte, mit denen du dein Manuskript optimal auf das Lektorat vorbereitest – persönlich, praxisnah und mit echtem Mehrwert für deinen Schreibprozess.
1. Lies deinen Text im Ganzen – mit möglichst wenigen Unterbrechungen
Vielleicht hast du bisher immer abschnittsweise gearbeitet. Jetzt ist der Moment gekommen, das Ganze im Zusammenhang zu sehen. Lies dein Manuskript in einem kompakten Zeitraum, so dicht wie möglich. Es muss nicht in einem Rutsch sein, aber idealerweise ohne größere Pausen.
Warum das so wichtig ist:
- Du spürst den Spannungsbogen und das Erzähltempo
- Du erkennst Brüche in der Tonalität
- Du erlebst deinen Text wie deine Leser*innen – nicht als Autor*in.
Tipp: Lies laut oder nutze eine Vorlese-App: Du merkst sofort, wenn ein Satz nicht fließt.
2. Achte auf die Übergänge
Gerade in den Übergängen verstecken sich viele kleine Stolpersteine. Frage dich:
- Beginnt jedes Kapitel klar und führt gut in die Szene ein?
- Endet jede Szene mit dem Wunsch zum Weiterlesen?
- Sind Orts- und Zeitwechsel verständlich?
Extra-Tipp: Lies nur die letzten und ersten Absätze der Kapitel nacheinander – das zeigt dir sofort, ob und wo der Übergang hakt.
3. Kontrolliere die unsichtbaren Details
Diese Dinge übersieht man leicht – und sie wirken unbewusst unprofessionell:
- Stimmen alle Namen (inkl. die der Nebenfiguren)?
- Bleibt die Zeitform konsistent?
- Hast du bestimmte Wörter zu häufig verwendet?
- Gibt es kleine Logiklücken oder interne Widersprüche?
Tipp: Nutze die Suchfunktion gezielt für typische Schwächen – etwa „noch“, „kurz“, „eigentlich“, „plötzlich“.
4. Vereinheitliche Format und Layout
Du musst keine Normseiten abliefern – aber ein klares Layout hilft dem Lektorat und zeigt, dass du sorgfältig arbeitest:
- Einheitliche Schriftart (z. B. Times oder Arial, 12 pt)
- Keine wilden Zeilenumbrüche oder unterschiedliche Absatzeinzüge
- Kapitelüberschriften einheitlich formatiert
Das wirkt nicht nur professionell – es macht deinen Text auch leichter lesbar.
5. Mach eine Stilrunde – für Klang und Klarheit
Jetzt geht’s um das, was zwischen den Zeilen liegt:
- Klingen die Sätze rund? Oder stolperst du beim Lesen?
- Bleibt dein Sprachstil über alle Kapitel hinweg konsistent – und passt er durchgehend zum Genre?
- Hast du starke Bilder – oder eher Sprachklischees?
Weniger ist oft mehr. Kürze, was du selbst zweimal lesen musst. Und lies dir deine Lieblingsstellen laut vor: Stimmt der Rhythmus?
6. Nimm den Anfang noch einmal unter die Lupe
Der erste Eindruck zählt – auch für Lektor*innen. Frag dich:
- Macht der Einstieg neugierig?
- Verstehe ich sofort, worum es geht – und wer spricht?
- Wirkt der Ton stimmig für das Genre?
Tipp: Gib den Anfang jemandem zu lesen, der deinen Text noch nicht kennt – ohne Einleitung. Wie wirkt er?
7. Prüfe das Ende
Ist das Ende wirklich rund? Oder eher schnell geschrieben, weil du durch warst?
- Wurden alle relevanten Handlungsstränge aufgelöst?
- Gibt es einen emotionalen Nachklang?
- Passt das Ende zu dem, was du sagen willst?
Tipp: Lies nur die letzten zwei Kapitel – und spüre, ob sie wirken und deine Geschichte überzeugend abschließen.
8. Arbeite mit einer Checkliste
Eine klare Liste hilft dir, auch bei der letzten Runde strukturiert zu bleiben:
- Figurenentwicklung abgeschlossen?
- Spannungsbogen erkennbar?
- Perspektiven einheitlich?
- Satzbau, Stil, Dialoge überprüft?
- Gibt es Stellen, die dich selbst noch irritieren oder an denen du zweifelst?
So entgeht dir auch in der letzten Runde nichts und du übergibst ein Manuskript, mit dem du dich wohlfühlst.
9. Gönn dir eine bewusste Pause
Nach intensiver Überarbeitung kann etwas Abstand Wunder wirken. Drei bis fünf Tage reichen oft schon aus, um wieder mit frischem Blick auf deinen Text zu schauen.
Nutze die Zeit, um neue Energie zu sammeln – ganz ohne schlechtes Gewissen. Du hast viel geschafft. Und dieser letzte Schritt hilft dir, deinen Text noch klarer zu sehen.
10. Bereite die Übergabe ans Lektorat vor
Dein Text muss nicht perfekt sein – aber du kannst viel dafür tun, damit das Lektorat effektiv und zielgerichtet arbeiten kann:
- Speichere den Text als .docx oder .odt
- Formatiere sauber und konsistent
- Notiere dir gezielt Fragen oder Stellen, bei denen du unsicher bist
Und dann: Freu dich. Du bist bereit für den nächsten Schritt – und darfst stolz auf dich sein!
Fazit
Dein Manuskript ist kein perfektes Produkt, sondern ein gewachsenes Werk. Mit Struktur, Tiefe und Sorgfalt wird daraus ein Text, der bereit ist, in neue Hände zu gehen.
Der letzte Feinschliff vor dem Lektorat ist keine Pflicht, aber eine Chance: für dich, für deinen Text und für das, was er einmal bewirken soll.
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