Checkliste zur Überarbeitung: So nutzt du Feedback richtig

Frau mit türkis lackierten Fingern tippt an einem Laptop. Bildtext: „So wird aus Feedback ein Plan“.

Du hast dein Manuskript abgeschlossen. Vielleicht hast du es schon einmal zur Seite gelegt, ein bisschen Abstand gewonnen. Und jetzt ist der Moment gekommen, in dem du mit frischem Blick draufschauen möchtest. Du hast Rückmeldungen bekommen: aus deiner Schreibgruppe oder von deinen Testleser*innen. Manche Hinweise haben dich zum Nachdenken gebracht, andere haben dich vielleicht geärgert. Und wieder andere waren einfach Gold wert.

Jetzt stellt sich die große Frage: Was machst du mit all dem? Wie überarbeitest du dein Manuskript so, dass daraus eine klarere, stärkere Version deiner Geschichte entsteht?

Diese Checkliste begleitet dich dabei – Schritt für Schritt, alltagstauglich und mit Blick für das, was dir wirklich weiterhilft.


1. Rückmeldungen sortieren und bündeln

Erst mal tief durchatmen. Und dann: alles zusammentragen.

  • Sammle alle Rückmeldungen – Mails, Notizen, Kommentare. Ob ausgedruckt oder digital – Hauptsache übersichtlich.
  • Lies alles mit etwas Abstand, nicht mit der Absicht, sofort zu reagieren, sondern um ein Gefühl für die Tendenzen zu bekommen.
  • Achte auf Wiederholungen. Wenn ähnliche Anmerkungen mehrfach auftauchen, lohnt es sich, genauer hinzuschauen.
  • Bonus-Tipp: Wenn du magst, leg dir ein separates Dokument an, in dem du besonders hilfreiche Zitate sammelst. Das motiviert und erinnert dich daran, was gelungen ist.
  • Noch ein Tipp: Kennzeichne Stellen, bei denen du beim ersten Lesen innerlich zusammengezuckt bist – da sitzt oft etwas Wahres, selbst wenn du es im Moment ablehnen möchtest.

2. Themenbereiche erkennen

Statt dich von der Masse an Rückmeldungen überwältigen zu lassen, ordne sie nach Themen:

  • Figuren: Ist die Entwicklung nachvollziehbar? Gibt es Handlungen, die unklar oder widersprüchlich wirken?
  • Handlung: Gibt es Stellen, an denen das Tempo nachlässt oder etwas unlogisch erscheint?
  • Sprache und Stil: Gibt es Formulierungen, die holpern? Oder Stellen, die besonders gelungen sind?
  • Perspektive und Erzählhaltung: Bleibt deine Erzählweise konstant? Gibt es Wechsel, die nicht beabsichtigt sind?
  • Genre-Elemente: Entspricht die Geschichte den Erwartungen deines Genres oder bricht sie sie bewusst?

Diese Sortierung hilft dir, dich gezielt auf einen Aspekt nach dem anderen zu konzentrieren. Du kannst zum Beispiel alle Rückmeldungen zur Spannung bündeln und diese in einem Durchgang bearbeiten. So bleibst du fokussiert – und verlierst dich nicht in Einzelkommentaren.


3. Was davon ist wirklich wichtig?

Nicht jede Rückmeldung ist ein Muss. Frage dich bei jedem Punkt:

  • Ist das ein subjektiver Eindruck oder ein Hinweis, der auch anderen aufgefallen ist?
  • Hilft dieser Punkt, die Geschichte in deinem Sinne weiterzuentwickeln?
  • Betrifft es einen Kernaspekt oder ein Detail, das du vielleicht bewusst so gesetzt hast?

Tipp: Wenn dich eine Rückmeldung spontan geärgert hat, frag dich – ganz ehrlich – warum. Vielleicht steckt doch etwas darin, das du in einer ruhigeren Minute dankbar annehmen kannst.


4. Konkrete Aufgaben statt schwammiger To-dos

Wenn du dir aufschreibst „Stil verbessern“, wirst du dich schnell überfordert fühlen. Besser:

  • „Kapitel 2: innere Gedanken der Protagonistin besser sichtbar machen.“
  • „Kapitel 7: Erklärungen kürzen, um das Tempo zu halten.“
  • „Kapitel 11: einen stärkeren emotionalen Abschluss formulieren.“

Kleine, klare Aufgaben lassen sich leichter angehen. Und jedes abgehakte Kästchen motiviert. Tipp: Nutze ein analoges Notizbuch oder ein digitales Board, in dem du dir Fortschritte markierst – visuelle Übersicht macht einen großen Unterschied.


5. Reihenfolge festlegen

Beginne mit den großen Themen:

  • Logikfehler und Handlungslücken
  • Unklare Figurenentwicklungen
  • Unstimmigkeiten in der Erzählweise

Erst danach kommt der sprachliche Feinschliff:

  • Wortwiederholungen
  • zu lange oder verschachtelte Sätze
  • stilistische Anpassungen

Tipp: Setze dir feste Aufgaben: z. B. Woche 1: Handlung, Woche 2: Figuren, Woche 3: Sprache. So gibst du dir selbst Struktur und bleibst realistisch.


6. Finde deinen Rhythmus

Du musst nicht jeden Tag überarbeiten. Vielleicht arbeitest du besser in konzentrierten Etappen, mit Musik, Tee und einem klaren Ziel. Oder du brauchst feste Routinen. Erlaubt ist, was dir hilft und nicht, was „man“ so macht.

Extra-Tipp: Mach dir ein Ritual für den Anfang deiner Überarbeitung – z. B. Kerze an, Timer stellen, Anfangskapitel kurz überfliegen. Rituale helfen beim Einstieg.


7. Mach dir Mut

Manchmal hilft es, ein Kapitel zu lesen, das du besonders magst. Oder eine Rückmeldung nochmal durchzulesen, in der jemand geschrieben hat: „Ich konnte nicht aufhören zu lesen.“

Du bist nicht allein mit deiner Unsicherheit. Aber du wächst mit jeder Überarbeitung. Und mit jedem Schritt wird dein Text klarer – und mehr deiner.

Und falls du mal nicht weiterweißt: Erinnere dich daran, wie weit du schon gekommen bist. Dieser Text existiert. Du hast ihn geschrieben. Alles, was jetzt kommt, ist Verfeinerung.


8. Hol dir Unterstützung

Such dir jemanden, mit dem du über deinen Text sprechen kannst. Einen Schreibbuddy, eine anderer Autorin/Autorin, jemand, der dich kennt und dein Projekt ernst nimmt.

Vielleicht lest ihr euch gegenseitig etwas vor. Oder ihr trefft euch zu kurzen Schreibsessions, um motiviert zu bleiben. Manchmal reicht schon eine einfache Frage: „Was brauchst du gerade, um weiterzukommen?“

Du kannst auch eine kurze Nachricht schicken: „Ich hänge an Kapitel 9. Hast du 10 Minuten?“ Manchmal reicht ein Mini-Gespräch, um weiterzukommen.


9. Denk ans Lektorat – frühzeitig!

Sobald du einschätzen kannst, wann dein Text bereit für den nächsten Schritt ist, ist der Moment gekommen, ein Lektorat anzufragen.

Aber Achtung: Gute Lektor*innen haben oft lange Vorlaufzeiten.

Frag frühzeitig an – auch wenn dein Text noch nicht ganz fertig ist.

So kannst du dir deinen Wunschtermin sichern. Und manchmal hilft dir schon das Erstgespräch dabei, dein Ziel noch klarer zu sehen.


10. Letzter Durchgang: mit Leser*innenblick

Versetze dich in die Rolle deiner Leser*innen. Lies dein Manuskript am besten laut, oder in einer anderen Formatierung.

Frag dich:

  • Verstehst du alles ohne Kontextwissen?
  • Entsteht ein inneres Bild beim Lesen?
  • Bleibt Spannung – oder schaltest du innerlich ab?

Der letzte Durchgang ist nicht zum Ändern da. Sondern dafür, zu spüren, ob dein Manuskript in sich rund ist – ob alles stimmig ist. Und ob du bereit bist, es ins Lektorat zu geben.

Tipp: Speichere dein Manuskript in einem anderen Format ab – zum Beispiel als PDF – und lies es am Tablet, auf dem E-Reader oder im Ausdruck. Ein verändertes Leseformat hilft dir, Abstand zu gewinnen und den Text mit neuen Augen zu sehen.


Fazit

Ein Manuskript, das du selbst überarbeitet hast, ist kein perfekter Text. Aber es ist ein Text mit Substanz. Mit Tiefe. Mit Struktur.

Testleser*innen können dir helfen, Schwächen zu erkennen. Aber du entscheidest, was du daraus machst. Und wenn du mit einem wachen Blick und klarer Ausrichtung an deine Geschichte gehst, entsteht etwas Besonderes: dein Buch. Bereit für den nächsten Schritt.

Vorschau

Im nächsten Beitrag schauen wir uns an, wie du den letzten Feinschliff angehst – wenn dein Manuskript fast fertig ist.

← Zurück zum Blog

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mit Klick auf „Abonnieren“ erklärst du dich mit der Verarbeitung deiner Daten gemäß unserer Datenschutzerklärung einverstanden.

Facebook Folge mir auf Facebook – ich freue mich über dein „Like“!