Typische Fehler beim Schreiben von Science-Fiction

Ein Astronaut liest unter Wasser in einem geöffneten Buch. Luftblasen steigen um ihn herum auf. Das Bild symbolisiert Logikfehler in Science-Fiction-Geschichten und steht für das Thema „Typische Fehler beim Schreiben von Science-Fiction“.

Warum gute Ideen allein nicht genügen

Science-Fiction ist das Genre der Visionen, der großen Fragen und der Welten, die es noch nicht gibt. Doch eine Idee allein ist noch keine Geschichte. Erst wenn sie durch die Figuren, ihre Sehnsüchte und Konflikte zum Leben erweckt wird, entsteht daraus eine Geschichte, die uns in ihren Bann zieht.

Viele Romane scheitern nicht an den Ideen, sondern an der Balance. Zu viel Technik, zu wenig Gefühl. Zu viele Erklärungen, zu wenig Erleben. Zu viele Konzepte, aber keine Figuren, die sie begreifbar machen.

Science-Fiction darf alles. Sie darf spekulieren, provozieren und philosophieren. Aber sie muss berühren. Denn je weiter du deine Figuren in die Zukunft führst, desto stärker müssen sie geerdet bleiben.


1. Zu viel Technik, zu wenig Figuren

Wer Science-Fiction schreibt, liebt Systeme, Maschinen und Ideen. Das ist verständlich, denn eine gut konstruierte Welt macht Spaß. Aber sobald die Technik zum Zentrum der Geschichte wird, verlieren wir den emotionalen Bezug.

Leser*innen folgen Menschen, nicht Mechanismen. Sie interessieren sich nicht dafür, was die Maschine kann, sondern dafür, was sie auslöst. Eine KI, die perfekt funktioniert, ist langweilig. Eine KI, die etwas fühlt, das sie nicht fühlen sollte, ist der Beginn einer Geschichte.

Science-Fiction ist immer dann stark, wenn sie das Menschliche im Technischen sichtbar macht – das, was wir sind oder sein könnten. Ein Raumschiff ist kein Handlungsträger, sondern eine Bühne. Der Kern liegt nicht im Antrieb, sondern in dem Moment, in dem jemand zögert, den Startknopf zu drücken.

Tipp:
Wenn du beschreibst, wie ein Zukunftsszenario funktioniert, frage dich: Wie werden deine Figuren davon beeinflusst? Technik ist nicht das Thema, sie ist der Katalysator.


2. Erklären, ohne aus der Geschichte zu fallen

Kaum ein Genre braucht so viel Logik wie Science-Fiction. Lesende erwarten, dass Technologien funktionieren, Gesellschaften nachvollziehbar sind und die Zukunft plausibel wirkt. Erklärungen gehören also dazu.

Doch Erklärungen dürfen nie die Hauptrolle übernehmen. Eine Geschichte verliert an Kraft, wenn sie nur ihre Welt erklärt. Die Figuren müssen handeln, fühlen, irren, hoffen – und dabei die Regeln dieser Welt mit Leben füllen. Die Zukunft ist der Schauplatz, nicht das Thema.

Infodumps werden in der Science-Fiction eher verziehen als in anderen Genres, aber auch hier gilt: Information wirkt nur dann, wenn sie emotional geerdet ist. Eine Passage über ein Antriebssystem kann spannend sein, wenn sie zeigt, was auf dem Spiel steht – etwa, dass jemand in der Dunkelheit um sein Leben bangt, während der Reaktor ausfällt.

Tipp:
Erklärungen dürfen vorkommen, aber sie sollten sich in Handlung, Dialog oder Perspektive einfügen. Stelle dir folgende Frage: Würde ich diesen Absatz lesen wollen, wenn mich nicht interessiert, wie die Technik funktioniert, sondern was sie mit meiner Figur macht?

Science-Fiction lebt von logischen Welten, aber sie berührt uns nur dann, wenn wir an die Menschen – oder Wesen – andocken können, die darin leben.


3. Fehlende emotionale Anker

Je fremder die Welt, desto wichtiger ist das Vertraute. In der Zukunft mag alles anders sein, aber die Gefühle bleiben gleich. Angst, Liebe, Verlust, Hoffnung – das sind die Konstanten, an denen Leser*innen sich festhalten.

Manchmal entsteht Kälte in Science-Fiction-Texten nicht durch die Technik, sondern durch das Fehlen von Emotionen. Figuren wirken wie Denkmodelle, nicht wie Menschen aus Fleisch und Blut. Doch nur wer fühlt, kann verändern.

In Interstellar geht es nicht um Raumfahrt, sondern um die Kraft der Liebe. In Der Marsianer nicht um Botanik, sondern um den Willen zu leben. In Her nicht um künstliche Intelligenz, sondern um Einsamkeit.
Alle drei Geschichten erzählen dasselbe: Technik zeigt, wer wir sind – nicht, was wir erschaffen.

Tipp:
Wenn du an einer Szene arbeitest, stelle dir eine Frage: Was steht hier emotional auf dem Spiel – und nicht nur, was passiert? Wenn du weißt, was deine Figuren fühlen, werden deine Lesenden verstehen, warum sie handeln.


4. Falsche Genre-Erwartungen

Science-Fiction ist kein einheitliches Genre, sondern eine Galaxie aus Unterformen. Hard Sci-Fi, Social Sci-Fi, Dystopie, Space Opera, Cyberpunk, Science Fantasy – jede hat ihre eigenen Gesetze und ihre eigene Leserschaft.

Ein häufiger Fehler entsteht, wenn diese Erwartungen nicht erkannt oder unbewusst vermischt werden. Eine Hard-Sci-Fi-Geschichte, die plötzlich Romantik betont, kann irritieren. Eine Dystopie, die sich zu sehr auf Technik konzentriert, verliert ihr gesellschaftliches Gewicht.

Das bedeutet nicht, dass du dich an Regeln klammern musst. Du darfst sie brechen, aber bewusst. Wer weiß, welche Erwartungen er verletzt, kann gezielt überraschen. Wer sie nicht kennt, enttäuscht unbeabsichtigt.

Tipp:
Schreibe dir auf, welche Art von Science-Fiction du erzählst und warum. Lies drei Romane aus demselben Subgenre und achte dabei auf Folgendes: Was wird den Leserinnen versprochen? Was lässt dich als Leserin dranbleiben?


5. Fehlende Glaubwürdigkeit

Science-Fiction darf alles, aber sie muss in sich stimmig bleiben. Glaubwürdigkeit entsteht nicht durch Fakten, sondern durch Konsequenz. Wenn du Regeln aufstellst, halte sie ein. Wenn du sie brichst, dann, weil deine Geschichte es verlangt – nicht, weil du vergessen hast, was vorher galt.

Auch Figuren brauchen innere Logik. Wenn sie plötzlich anders handeln, nur weil es dem Plot hilft, wirkt es konstruiert. Gute Science-Fiction lebt davon, dass sie unmöglich ist und sich trotzdem wahr anfühlt.

Ein funktionierender Plot ersetzt keine Wahrheit. Wahrheit entsteht dort, wo Figuren echt wirken, wo ihre Reaktionen nachvollziehbar sind, auch wenn die Welt erfunden ist.

Tipp:
Prüfe jede Entscheidung in deiner Geschichte: Ergibt sie emotional Sinn? Nicht logisch, sondern menschlich. Wenn deine Figuren sich richtig anfühlen, darf die Welt ruhig unmöglich sein.


6. Die unsichtbare Gefahr: fehlende Relevanz

Manche Geschichten sind technisch perfekt, aber sie sagen nichts. Sie erschaffen eine Welt, aber keine Bedeutung. Eine Geschichte über künstliche Intelligenz ist nicht spannend, weil sie futuristisch ist, sondern weil sie uns zeigt, was wir an Menschlichkeit verlieren könnten.

Science-Fiction funktioniert nur, wenn sie uns betrifft. Wenn sie spürbar macht, dass Zukunft aus dem entsteht, was wir heute tun, denken und fühlen. Sie ist nie nur Spekulation, sie ist ein Spiegel.

Tipp:
Was ist dein Warum? Warum erzählst du diese Geschichte? Eine gute Zukunftsgeschichte erzählt immer etwas über die Gegenwart.


Fazit: Idee trifft Gefühl

Science-Fiction braucht Gedanken, um zu entstehen, und Gefühle, um zu wirken.
Nur dort, wo beides aufeinandertrifft, entsteht eine Geschichte, die in Erinnerung bleibt.

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