
Warum du deine Dialoge überarbeiten solltest
Dialoge sind mehr als gesprochene Worte zwischen zwei Figuren. Sie sind Werkzeug, Beziehungsebene, Stilmittel und oft der Ort, an dem Leser*innen am stärksten spüren, ob eine Geschichte funktioniert.
Doch gute Dialoge sind kein Zufallsprodukt. Sie entstehen im Überarbeiten: durch das Reduzieren von Ballast, das Ausarbeiten der Stimmen und das bewusste Spiel mit Tempo und Subtext.
Als Lektorin begleite ich Autor*innen in genau diesem Prozess. Hier teile ich 10 bewährte Tipps, wie du deine Dialoge überarbeiten und lebendiger gestalten kannst, mit vielen Beispielen aus der Praxis.
1. Gib jeder Figur eine eigene Stimme
Deine Leser*innen sollen Figuren nicht nur erkennen, wenn ihr Name davorsteht. Sie sollen sie an ihrer Sprache wiedererkennen.
Beispiel: „Ich habe keine Ahnung, was du meinst.“ – klingt neutral.
Aber was, wenn eine Figur eher schnoddrig redet? „Ey, was soll der Quatsch? Ich check gar nix.“
Oder gebildet, aber unterkühlt? „Entschuldige, aber mir fehlt der Kontext deiner Aussage.“
Tipp: Erstelle dir für deine Hauptfiguren ein Sprachprofil: Sprechen sie direkt? Bildhaft? Sarkastisch? Hastig oder ausschweifend?
2. Vermeide Redundanz im Dialog
Wenn du beim Überarbeiten der Dialoge feststellst, dass deine Figuren Dinge sagen, die bereits im Erzähltext stehen, darfst du kürzen. Dialoge dürfen schlanker sein als Gedanken oder Beschreibungen.
Besser: Schreibe die Information entweder im Erzähltext oder gib dem Dialog eine neue Nuance: „Du hast gesehen, wie sie drauf ist. Das geht schief.“
3. Zeige Emotionen, statt sie zu benennen
Adverbien wie „wütend“, „traurig“ oder „nervös“ schwächen die Wirkung eines Dialogs. Leser*innen wollen Emotionen selbst erleben, und nicht in aller Ausführlichkeit erklärt bekommen.
Beispiel:
Schwach: „Ich hasse dich!“, schrie sie wütend.
Stärker: „Ich hasse dich!“ Ihre Stimme war rau, ihr Blick starr auf seine Hand gerichtet.
Tipp: Kombiniere Dialog mit Mimik, Gestik oder innerer Reaktion.
4. Lass Unterbrechungen und Spannung zu
Dialoge leben von Spannung. Im echten Leben sprechen wir selten aus, was wir sagen wollen, schon gar nicht am Stück.
Beispiel: „Ich wollte doch nur – also es war nicht – ich meine…“ Oder: „Du hättest –“„Was? Ich hätte was?“
Das macht Gespräche glaubwürdiger und spannender.
5. Nutze Halbsätze und offene Enden
Unvollständige Sätze können besonders in Konflikten stark wirken. Sie erzeugen Subtext, also das, was „zwischen den Zeilen“ steht.
Beispiel: „Wenn du heute Abend wieder…“
„Dann was? Willst du mich wieder rausschmeißen?“
Leser*innen lieben es, wenn sie sich selbst einen Reim machen dürfen.
6. Streiche Füllwörter konsequent
Im echten Leben sagen wir oft „also“, „naja“, „weißt du“.
In Geschichten wirken diese Einschübe oft überflüssig oder ermüdend.
Tipp: Lass wenige Füllwörter gezielt stehen, um Unsicherheit zu zeigen, aber nutze sie dosiert.
7. Der Sprachrhythmus sollte dem Tempo der Szene entsprechen
Dialoge bestimmen Tempo. Willst du Spannung? Dann nutze kurze Sätze. Willst du Nachdenklichkeit? Dann darf es länger werden.
Beispiel:
Thriller: „Jetzt. Geh. Los!“
Literarischer Roman: „Ich erinnere mich nicht genau, aber ich glaube, es war ein Dienstagmorgen. Oder war es ein Mittwoch?“
8. Lies deine Dialoge laut
Das ist der beste Test. Was du nicht flüssig aussprechen kannst, klingt auch beim Lesen nicht natürlich.
Tipp: Lies Dialoge mit Betonung und versetze dich in die Figur. So findest du Stolperstellen sofort.
9. Dialoge sind keine Erklärungen
Dialoge, die nur dazu dienen, Leser*innen zu informieren, wirken gestelzt und unecht.
Beispiel (schwach): „Wie du weißt, hat dein Bruder schon dreimal den Job gewechselt.“
Besser: „Wieder eine neue Arbeit?“ fragte sie leise. „Das ist der dritte Arbeitsplatz in zwei Jahren. Er hält es nirgends lange aus.“
10. Frage dich: Brauche ich diesen Dialog?
Nicht jeder Dialog ist notwendig. Manche Szenen wirken stärker, wenn du sie zusammenfasst oder als innere Beobachtung erzählst.
Fragen für die Überarbeitung:
- Bringt der Dialog neue Informationen?
- Verändert er etwas in der Beziehung der Figuren?
- Transportiert er Stimmung oder Tempo?
Wenn nicht: streichen oder überarbeiten.
Fazit: Dialoge überarbeiten bedeutet, Wirkung zu gestalten
Gute Dialoge sind knapp, charakterstark und voller Subtext. Sie lesen sich leicht, aber sie entstehen durch bewusste Überarbeitung.
Wenn du willst, dass deine Dialoge lebendig, glaubwürdig und stilsicher sind, lohnt sich der Blick von außen. Im Lektorat gebe ich dir gezielte Hinweise, wo Straffung, Sprachgestaltung oder Rhythmusarbeit sinnvoll sind, und wo deine Figuren schon jetzt auf ganzer Linie überzeugen.
Möchtest du, dass ich deine Dialoge unter die Lupe nehme? Dann schreib mir gern. Ich freue mich auf deinen Roman.
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